Fast alle kennen die Redensart, dass einem jemand ein Bein stellt – man stolpert, man wird zu Fall gebracht. Ganz so drastisch sind die Auswirkungen des Phänomens, um das es in diesem Artikel geht, nicht, aber nichtsdestotrotz können sie wirklich lästig und schmerzhaft sein. Die Rede ist von dem lateinischen Wort für „Gänsefuß“ abgeleiteten Pes-Anserinus-Syndrom, das uns unter Umständen häufiger begleitet, als uns lieb ist.
Der Pes anserinus ist eine Sehne im Bereich des Kniegelenks, die an der Innenseite des Schienbeins, unterhalb des Kniegelenks ansetzt. Sie besteht aus der Vereinigung dreier Sehnen von Muskeln, die für die Innenrotation und Beugung im Kniegelenk zuständig sind. Der Bereich des Gänsefußes ist oft dadurch gekennzeichnet, dass er schnell überlastet ist. Dieses ist in den meisten Fällen bei Personen in mittlerem oder höherem Alter der Fall. Speziell Menschen, die sehr lange nichts oder nur wenig für sich getan haben und ihre Sportlichkeit neu entdecken, leiden oft schon nach kurzer Zeit darunter. Dies bedeutet aber nicht, dass jeder, der neu oder nach vielen Jahren wieder beginnt, etwas für seine Gesundheit zu tun, gleich betroffen ist – aber man sollte dem Körper die Zeit und Möglichkeit geben, sich an neue Belastungen gewöhnen zu können. Schon längeres Gehen, Joggen, Radfahren oder ungewohnte Bewegungen beim Training im Sportstudio können, wenn unser Körper nicht darauf vorbereitet ist, zu einer Überforderung führen. Sollten unsere körperlichen Strukturen, trotz eventuell vorhandener degenerativer Veränderungen, für die Bewältigung des normalen Alltags noch ausreichend kräftig und beweglich sind, ist von herkömmlichen Fitnesstraining & Co. eher abzuraten. Denn die neue oder zusätzliche Art der Belastung kann dann dazu führen, dass man genau das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich mit dem Sport bezwecken mochte.
Muskulatur, die im Bereich des Pes anserinus zusammenläuft:
- M. sartorius – Schneidermuskel
- M. gracilis – der schlanke Muskel zum heranziehen des Oberschenkels
- M. semitendinosus – der Halbsehnenmuskel
Die Hauptfaktoren, die zu einer Überlastung des Pes anserinus führen, sind:
- Ungewohnte Bewegungen, auf die der Körper nicht ausreichend vorbereitet ist – auch einseitige Belastungen
- Muskuläres Ungleichgewicht, also zu schwache tiefe Gluteal- und Beinaußenschenkelmuskulatur und/oder zu stark angespannte Muskulatur der Beinrückseite und der Innenschenkel
- Fehlstellungen, das heißt, X-Beine und/oder Fußinstabilität, z. B. durch zu starke Belastung der Fußinnenseite
- Falsches Schuhwerk – z. B. abgelaufene Schuhe, die den Fuß nicht adäquat stabilisieren
Falls einige dieser Faktoren zusammentreffen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Problemen kommt, sehr hoch. Häufig macht sich eine Überforderung dann wie folgt schmerzhaft bemerkbar:
- Zunächst als ein Anlaufschmerz, der im Anfangsstadium nachlässt, später aber dauerhaft vorhanden ist beim Treppensteigen, beim Einnehmen einer tiefen Hockposition, beim Laufen oder Springen
- Die Stelle unterhalb des Kniegelenks ist angeschwollen und berührungsempfindlich
- Deutliche Bewegungseinschränkung des Kniegelenks bei länger anhaltender Problematik
Trügerisch ist zu Beginn, dass man meint, dass die Probleme schon nicht so schlimm seien, da der Anfangsschmerz während der Belastung schnell nachlässt. Viele Betroffene beschreiben sogar, dass ein anstrengendes Training möglich ist, ohne dass man sich schlecht fühlt. Die Probleme treten dann am nächsten Morgen auf, wenn bemerkt wird, dass man kaum noch laufen kann. Wenn dies eintritt, sollte man negative Belastungen für die Knie, wie zu viel Treppe steigen, vermeiden und Folgendes beachten:
- Die Trainingsintensität anpassen, das heißt, vermehrt Pausen einlegen sowie die Knie zunächst schonen und kühlen
- Die verwendeten Sportschuhe genauer anschauen: Sind sie abgelaufen? Bieten sie die notwendige Unterstützung für die Füße?
- Die, durch Fehlbelastung überlasteten Strukturen, gezielt beüben
Insgesamt sollte die Intensität im Training niedrig angesetzt werden, um die Strukturen nicht wieder übermäßig zu reizen. Das Übungsprogramm kann aber durchaus vielseitig sein und darf Bewegungen enthalten, die mit der vollen Bewegungsamplitude ausgeführt werden.
Wenn wir den oben angeführten körperlichen Auswirkungen allerdings weiterhin keine Bedeutung beimessen, da die Probleme nach einiger Zeit wieder nachlassen, kommt es häufig zu einer ausgeprägten Entzündung und einem dauerhaften Schmerz des Pes anserinus. In solchen Fällen sollte zunächst ein Arzt aufgesucht werden und eine physiotherapeutische Behandlung erfolgen.
Damit es aber gar nicht erst so weit kommt, schauen wir uns einmal gemeinsam an, wie man dem Pes Anserinus-Syndrom vorbeugen kann. Wichtig ist dabei:
- Die Dehnung der Oberschenkelvorderseite/-rückseite und der Wadenmuskulatur
- Die Durchführung eines Faszientrainings der Oberschenkelvorder/-rückseite und des Pes anserinus direkt
- Ein Kräftigungstraining für die Beinaußenschenkel/des Oberschenkelbindenspanners
- und der tiefen Glutealmuskulatur oder für die Bereiche, wo Fehlstellungen ersichtlich sind
Quelle: shape UP
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