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Frauenherzen in Not

Frauenherzen in Not

Wenn es um die Erkennung und Bekämpfung gesundheitlicher Probleme geht, ist die Emanzipation oftmals schon Realität. Frauen und Männer werden richtig gleichbehandelt. Nur dumm, dass das dem weiblichen Geschlecht nicht immer gut tut und gerade bei der richtigen Einordnung von Herzproblemen unerwünschte Auswirkungen hat.

Manche Problematiken äußern sich bei Frau und Mann anders, entsprechend müsste es eigentlich auch Differenzierungen in der Diagnostik und Behandlung geben. Dies ist aber nicht immer der Fall. Eine medizinische Versorgung, die sich um „den Patienten“ als eine Art geschlechtloses Wesen kümmert, greift daher viel zu kurz. Eine Forschungsrichtung, die sich dafür einsetzt, dass auch in der klinischen Praxis die körperlichen Unterschiede zwischen Frauen und Männern und deren Auswirkungen auf die Gesundheit viel mehr berücksichtigt werden, ist die Gendermedizin. Herzerkrankungen sind dabei ein sehr wichtiges Betätigungsfeld. Gerade beim Klassifizieren von Symptomen wäre ein Bruch mit der oft noch praktizierten Gleichmacherei wünschenswert. Herzinfarkt und Broken-Heart-Syndrom sind dafür beste Beispiele. Unabhängig davon gibt es aber auch abseits von Genderproblemen Geschlechterunterschiede bei Herzensangelegenheiten. Hier wären Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen an prominenter Stelle zu nennen.

Infarktwarnung weniger eindeutig

Ein Beispiel für die Benachteiligung von Frauen ist der Herzinfarkt. Er wird gemeinhin eher als Risiko für Männer gesehen. Zögern Frauen deshalb länger, bis sie den Notruf wählen? „Häufiger als bei Männern können bei Frauen weniger eindeutige Symptome auftreten, etwa Atemnot, ein Ziehen in den Armen, unerklärliche Müdigkeit, Übelkeit oder Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch oder Rücken“, erklärt die Kardiologin Prof. Dr. Christiane Tiefenbacher, Chefärztin am Marienhospital im nordrhein-westfälischen Wesel. Das heißt, dass ein Infarkt bei Frauen aufgrund ganz anderer, sehr unspezifischer Symptome als solcher oftmals nicht so klar zu erkennen ist wie bei einer Person des anderen Geschlechts.

Herz öfters gebrochen

Ein weiteres Herzleiden, das Frau und Mann unterschiedlich trifft, ist das sogenannte Broken-Heart-Syndrom. Diese Herzmuskelerkrankung kommt beim weiblichen Geschlecht viel häufiger vor. Die Einschränkung der Herzleistung wird hier nicht wie beim Infarkt durch ein verstopftes Herzkranzgefäß verursacht, sondern meist durch ein belastendes emotionales Ereignis. Betroffene leiden unter den oben beschriebenen klassischen Infarktsymptomen, der Unterschied zwischen den Anzeichen gebrochener und kollabierender Herzen ist für Laien daher kaum zu erkennen. Bei einer Frau mit entsprechend Beschwerden sollte also ärztlicherseits die Möglichkeit „Broken-Heart-Syndrom“ immer mitgedacht werden.

Fragen nach Auslösern sind wichtig. Als solche gelten Ausnahmesituationen, wie Liebeskummer, Gewalterlebnisse, Mobbing, Depressionen oder der Verlust eines geliebten Menschen. Auch freudige Ereignisse können einem „das Herz brechen“. Entscheidend ist der Stress. Egal, ob positiv oder negativ führt er dazu, dass vermehrt Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin ausschüttet werden. Das Herz verfällt in eine Art „Schockstarre“ und ist dadurch in seiner Pumpleistung stark eingeschränkt. So kann im Extremfall gar ein Herzstillstand drohen, was in fünf Prozent der Fälle den Tod bedeutet. Überwiegend erholt sich das Herz von einem Broken-Heart-Syndrom aber meist sehr schnell wieder von selbst. Dennoch: Wer Anzeichen spürt, sollte sich schnellstens untersuchen lassen.

Herz überwiegend schwächer

Dass Herzschwäche (Herzinsuffizienz) mit einer ungünstigeren Prognose für Frauen einhergeht, dokumentiert alljährlich der Deutsche Herzbericht. Die Kardiologin Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek, von 2007 bis 2019 Direktorin des Instituts für Geschlechterforschung in der Medizin, Charité Berlin, erläutert die Hintergründe. Die „weibliche Benachteiligung“ gehe unter anderem auf eine schlechtere Füllbarkeit des Herzens zurück, weil das Organ aufgrund seiner kleineren Größe steifer und weniger elastisch als das männliche Herz ist. Männerherzen seien dagegen häufiger von einer gestörten Pumpfunktion betroffen.

Herz aus dem Takt

Bestimmte Herzrhythmusstörungen kommen häufiger bei Männern vor, andere vorwiegend bei Frauen. Die häufigste Störung Vorhofflimmern mit bis zu 1,8 Millionen Betroffenen ist zwar mehr bei Männern anzutreffen, Frauen erleben dadurch jedoch eine stärkere Beeinträchtigung ihres Alltags. Herzrhythmusexpertin Prof. Dr. Isabel Deisenhofer vom Deutschen Herzzentrum München, führt aus: „Die schwerwiegendste Folge von Vorhofflimmern, der Schlaganfall, scheint den Studien nach bei Frauen zwischen dem 65. und dem 75. Lebensjahr häufiger als bei Männern aufzutreten.“

Hingegen ist das Risiko einen plötzlichen Herztod aufgrund von lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen zu erleiden, bei Frauen „in der Tat deutlich niedriger als bei Männern“. Mediziner erklären diesen Unterscheid damit, dass dem plötzlichen Herztod fast immer eine Herzerkrankung zugrunde liegt. Häufigste Ursache ist dabei die koronare Herzkrankheit (KHK), an der Frauen aber viel seltener erkranken als Männer. Dennoch gilt die Ursache für den auffälligen Geschlechtsunterschied beim plötzlichen Herztod aktuell als noch nicht ausreichend erforscht.

Insgesamt kein einheitliches Bild

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Frauen sind in Sachen Herzerkrankungen nicht durchgängig benachteiligt sind. Während sie bei der Infarkterkennung, beim Broken-Heart-Syndrom und in Sachen Herzschwäche ungünstigere Voraussetzungen haben, bleiben sie vom plötzlichen Herztod tendenziell eher verschont. Wichtig ist in jedem Fall die Erkenntnis: Frau und Mann sind auch in medizinischer Hinsicht oft unterschiedlich. Frauen ziehen dabei mehrheitlich den Kürzeren, denn bis sich in den 1990er Jahren die Gendermedizin etablierte, orientierten sich medizinische Leitlinien, Medikamente und Forschungen vornehmlich am männlichen Patienten. Gendermedizin kommt aber auch diesen zugute. Für Männer sind zum Beispiel Osteoporose oder Depressionen wichtige Krankheitsbilder, die lange Zeit nicht sensibel genug erforscht wurden. Insgesamt herrscht beim weiblichen Geschlecht aber der weitaus größere Aufholbedarf.

Quelle: shape UP
Bildquelle: Stas Knop / shutterstock.com

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